Mittwoch, 14. Dezember 2016

Rückforderung von Bearbeitungsgebühren bei Unternehmerdarlehen

Zum ersten Mal hat ein Oberlandesgericht einem Unternehmer einen Anspruch auf Rückforderung von Bearbeitungsgebühren im Rahmen eines Unternehmerdarlehens zugesprochen.

Der Kläger  betreibt die  Projektentwicklung von Immobilien. Zum Erwerb diverser Immobilien hatte er bei der beklagten Bank im Jahr 2005 ein Darlehen aufgenommen, für welches ihm eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 18.500 € in Rechnung gestellt worden war.

Die beklagte Bank berief sich auf die Regelungen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Der Kläger dagegen vertrat die Auffassung, dass die Vereinbarung von Bearbeitungsgebühren in den AGB gegen § 307 Absatz 1, S. 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB verstößt.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main  hat dem Kläger Recht gegeben.

Dazu hat das Gericht ausgeführt, dass auch bei einem Unternehmer der Darlehensgeber mit der Darlehensgewährung keine sonstige rechtliche Leistung erbringt, für die eine zusätzliche Bearbeitungsgebühr als gesonderte Vergütung verlangt werden könnte.

Die Bearbeitung des Darlehensantrages,  Prüfung der Bonität, Erfassung der Kundenwünsche und Kundendaten, Vertragsgespräche,  das Erarbeiten eines Darlehensangebotes,  die Beratung des Kunden und schließlich auch die  Bereitstellung der Darlehensmittel seien nicht gesondert zu vergüten, sondern erfolgten ausschließlich im eigenen Interesse der Bank.
Die Bank konnte auch nicht darlegen, dass die Bearbeitungsgebühr zwischen den Parteien "verhandelt" worden sei.  Das hätte nach Auffassung des  Oberlandesgerichts zur Voraussetzung gehabt, dass die Bank bereit gewesen wäre, ihre Vertragsklauseln zur Disposition zu stellen.

Die Klausel hat somit der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 3, S. 1 BGB nicht standgehalten.

Das Gericht hat darauf abgestellt, dass durch die Regelung in den AGB der Bank  auch der unternehmerisch tätige Darlehensnehmer in treuwidriger Weise unangemessen benachteiligt wird, weil die Vereinbarung einer Bearbeitungsgebühr mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

Die von der Bank entfalteten Tätigkeiten stellen vielmehr ausschließlich solche dar, die Bank im eigenen Interesse erbringt oder aufgrund bestehender eigener Rechtspflichten zu erbringen hat.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat auch der Argumentation der Bank, es würde sich bei dem Bearbeitungsentgelt um eine kontrollfreie Preishauptabrede handeln, eine Absage erteilt.

Das Gericht hat ferner ausgeführt, dass der Rückforderungsanspruch des Klägers noch nicht verjährt gewesen ist, weil die kenntnisabhängige Verjährungsfrist gemäß § 199Abs. 1 BGB erst mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen begonnen hat. Zuvor sei keinem Darlehensnehmer die Erhebung einer Rückforderungsklage  zumutbar gewesen. Das OLG berief sich dabei auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28.10.2014 – Az. XI ZR 348/13.

Dem Kläger wurde außerdem ein Anspruch auf Nutzungsersatz zugebilligt, welche die Beklagte aus dem Bearbeitungskosten tatsächlich gezogen hatte. Dass die Bank aus  dem von ihr vereinnahmten Geld Nutzungen zieht, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Das Gericht hat die Höhe der Nutzungsentschädigung mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz festgestellt.

Die Revision wurde nicht zugelassen.

Damit  ist die Chance von Unternehmern,  welche Bearbeitungsgebühren von Darlehen zu unternehmerischen Zwecken bezahlt haben, auf Erfolg bei der Rückforderung erheblich gewachsen.
Nachdem das Gericht den Eintritt der Verjährung für Ansprüche, die bis Ende 2011 entstanden sind, mit Ablauf des Jahres 2011 angenommen hat, sind alle noch nicht rechtshängig gemachten Ansprüche bis einschließlich 2012 bereits verjährt. Ansprüche aus 2013 verjähren am Jahresende   2016.

Bearbeitungsentgelte, die Unternehmer ab 2014 gezahlt haben, können noch im ganzen Jahr 2017 zurückverlangt werden.

Donnerstag, 8. Dezember 2016

Wie Sie jetzt noch Ihre Darlehensgebühren aus Bauspardarlehn des Jahres 2013 zurückfordern können



Bekanntlich hat der Bundesgerichtshof am 08.11.2016 entschieden, dass die in Bausparverträgen vorgesehenen Klauseln über Darlehensgebühren bei Zuteilungsreife des Bauspardarlehens unwirksam sind.

Solche Klauseln waren bei allen Bausparverträgen üblich.

Für Bausparer, die im Jahr 2013 nach Zuteilungsreife ihres Bausparvertrages von ihrer Bausparkasse ein Bauspardarlehen erhalten  und die Darlehensgebühren bezahlt haben,
läuft zum Jahresende 2016 die dreijährige Regelverjährungsfrist ab. Zwar besteht erst seit November 2016 eine gesicherte Rechtsprechung zur Unwirksamkeit der Gebühren. Noch ist aber unsicher, ob der BGH in einem späteren Urteil irgendwann einmal die Auffassung vertreten wird, dass der Beginn der Verjährungsfrist erst mit Erlass seines  Urteils vom November 2016 beginnt.

Zur Sicherung der Ansprüche auf Rückzahlung der Darlehensgebühren ist daher dringend zu empfehlen, dass alle Kunden, denen im Jahr 2013 Darlehensgbühren berechnet wurden,  jetzt noch in 2016 die gezahlten Darlehensgebühren zurückfordern. Ein  Brief an die Bausparkassen ist zur Hemmung der Verjährung allerdings nicht geeignet.

Angesichts der Kürze der Zeit bis zum Jahresende  sind vielmehr sofort gerichtliche Maßnahmen oder ein individuelles Schlichtungsverfahrens einzuleiten.  Fehler bei dieser Vorgehensweise können zum Verlust der Ansprüche der Darlehensnehmer führen.

Je nach Höhe des Darlehen handelt es sich immerhin um einige tausend Euro. In den meisten Fällen wurden die Darlehensgebühren entweder vom Bausparguthaben abgezogen oder aber  über das Bauspardarlehen mitfinanziert. Durch die erhöhte Darlehenssumme zahlen die Darlehensnehmer während der Laufzeit des Darlehens auch noch Zinsen für die unberechtigten Darlehensgebühren. Der Schaden zulasten der Bausparkunden liegt also wesentlich über dem Betrag der Darlehensgebühren.

Vorgänge aus den Jahren 2014 ff lassen sich auch noch nach dem Jahreswechsel regeln.

Mittwoch, 30. November 2016

Verjährung droht!

Alle Jahre wieder droht der Verlust von Forderungen durch Zeitablauf.

Handwerker, Selbständige, Kaufleute: Mit Ablauf des 31.12.2016 verjähren alle Forderungen, die in 2013 entstanden sind.  Mahnungen hemmen die Verjährung nicht!

Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre Ansprüche gegen säumige Auftraggeber vom Verjährungseintritt zum Jahresende bedroht sind, sollten Sie schleunigst eine Rechtsanwältin / einen Rechtsanwalt mit der Prüfung der Vorfälle beauftragen.

Bedenken Sie: Die Prüfungen sind häufig zeitaufwändiger als Sie annehmen.!




Donnerstag, 24. November 2016

Bundesgerichtshof verneint Störerhaftung für passwortgesichertes WLAN




Bundesgerichtshof verneint Störerhaftung für passwortgesichertes WLAN
 
Bundesgerichtshof -Mitteilung der Pressestelle  - Nr. 212/2016 vom 24.11.2016

Urteil vom 24. November 2016 - I ZR 220/15 - WLAN-Schlüssel

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat hat sich im Zusammenhang mit der Haftung für Urheberrechtsverletzungen mit den Anforderungen an die Sicherung eines Internetanschlusses mit WLAN-Funktion befasst.

Die Klägerin ist Inhaberin von Verwertungsrechten an dem Film "The Expendables 2". Sie nimmt die Beklagte wegen des öffentlichen Zugänglichmachens dieses Filmwerks im Wege des "Filesharing" auf Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch. Der Film ist im November und Dezember 2012 zu verschiedenen Zeitpunkten über den Internetanschluss der Beklagten durch einen unbekannten Dritten öffentlich zugänglich gemacht worden, der sich unberechtigten Zugang zum WLAN der Beklagten verschafft hatte. Die Beklagte hatte ihren Internet-Router Anfang 2012 in Betrieb genommen. Der Router war mit einem vom Hersteller vergebenen, auf der Rückseite des Routers aufgedruckten WPA2-Schlüssel gesichert, der aus 16 Ziffern bestand. Diesen Schlüssel hatte die Beklagte bei der Einrichtung des Routers nicht geändert. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. 

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Er hat angenommen, dass die Beklagte nicht als Störerin haftet, weil sie keine Prüfungspflichten verletzt hat. Der Inhaber eines Internetanschlusses mit WLAN-Funktion ist zur Prüfung verpflichtet, ob der eingesetzte Router über die im Zeitpunkt seines Kaufs für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen, also einen aktuellen Verschlüsselungsstandard sowie ein individuelles, ausreichend langes und sicheres Passwort, verfügt. Die Beibehaltung eines vom Hersteller voreingestellten WLAN-Passworts kann eine Verletzung der Prüfungspflicht darstellen, wenn es sich nicht um ein für jedes Gerät individuell, sondern für eine Mehrzahl von Geräten verwendetes Passwort handelt. Im Streitfall hat die Klägerin keinen Beweis dafür angetreten, dass es sich um ein Passwort gehandelt hat, das vom Hersteller für eine Mehrzahl von Geräten vergeben worden war. Die Beklagte hatte durch Benennung des Routertyps und des Passworts sowie durch die Angabe, es habe sich um ein nur einmal vergebenes Passwort gehandelt, der ihr insoweit obliegenden sekundären Darlegungslast genügt. Da der Standard WPA2 als hinreichend sicher anerkannt ist und es an Anhaltspunkten dafür fehlt, dass im Zeitpunkt des Kaufs der voreingestellte 16-stellige Zifferncode nicht marktüblichen Standards entsprach oder Dritte ihn entschlüsseln konnten, hat die Beklagte ihre Prüfungspflichten nicht verletzt. Sie haftet deshalb nicht als Störerin für die über ihren Internetanschluss von einem unbekannten Dritten begangenen Urheberrechtsverletzungen. Eine bei dem Routertyp bestehende Sicherheitslücke ist in der Öffentlichkeit erst im Jahr 2014 bekannt geworden.

Vorinstanzen:

AG Hamburg - Urteil vom 9. Januar 2015 - 36a C 40/14 

LG Hamburg - Urteil vom 29. September 2015 - 310 S 3/15

Karlsruhe, den 24. November 2016

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Dienstag, 22. November 2016

BGH - Bank muss im Darlehensvertrag auch zu den "Pflichtangaben" Angaben machen, die beim Immobilienvertrag zwar nicht verlangt werden, von ihr in der Widerrufsinfomation aber als Pflichtangabe als Beispiel genannt wurden



Fazit: Nennt eine Bank in der Widerrufsinformation Pflichtangaben, obwohl diese beim Immobilienkreditvertrag nicht erforderlich sind (hier: Angaben zur Aufsichtsbehörde), muss sie sich an ihren eigenen Formulierungen auch festhalten lassen. Fehlt eine solche "Pflichtangabe" im Darlehensvertrag, ist der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt worden.



Bundesgerichtshof -Mitteilung der Pressestelle - Nr. 210/2016 vom 22.11.2016

Bundesgerichtshof entscheidet über die Wirksamkeit einer Widerrufsinformation bei einem Immobiliardarlehensvertrag



Urteil vom 22. November 2016 – XI ZR 434/15

Der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute im schriftlichen Verfahren darüber entschieden, unter welchen Voraussetzungen der Darlehensgeber einen Verbraucher als Darlehensnehmer klar und verständlich über den Beginn der Widerrufsfrist informiert. 

Sachverhalt: 

Die Kläger schlossen als Verbraucher im August 2010 mit der beklagten Sparkasse einen Immobiliardarlehensvertrag über endfällig 273.000 € mit einer Laufzeit bis zum 30. November 2026. Sie schrieben für zehn Jahre eine Verzinsung in Höhe von 3,95% p.a. fest. Den effektiven Jahreszins gab die Beklagte mit 3,78% p.a. an. Sie erteilte unter Nr. 14 des Darlehensvertrags eine Widerrufsinformation, die unter anderem folgenden Satz (ohne Fußnote) enthielt: 


"Die Frist [gemeint: die Widerrufsfrist] beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB* (z.B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags, Angabe der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat". 


Als Sicherheit bestellten die Kläger eine Grundschuld. Die Beklagte stellte den Klägern die Darlehensvaluta zur Verfügung. Mit Schreiben vom 29. August 2013 widerriefen die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung. 

Prozessverlauf: 

Ihre Klage auf Feststellung, dass sie der Beklagten "aus dem widerrufenen Darlehensvertrag" lediglich 265.737,99 € abzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 32.778,30 € seit dem 30. September 2013 schulden, und auf Leistung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten hat das Landgericht abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. 

Entscheidung des Bundesgerichtshofs: 

Auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dabei waren im Wesentlichen folgende Überlegungen leitend: 

In Übereinstimmung mit dem Senatsurteil vom 23. Februar 2016 (XI ZR 101/15, WM 2016, 706 Rn. 24 ff., zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ, vgl. Pressemitteilung Nr. 48/2016), das dasselbe Formular des Deutschen Sparkassenverlags betraf, hat das Berufungsgericht geurteilt, die äußere Gestaltung der Widerrufsinformation habe den gesetzlichen Anforderungen genügt. 

Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, die Widerrufsinformation sei inhaltlich klar und verständlich gewesen. Die Wendung, die Widerrufsfrist beginne "nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hat", informierte für sich klar und verständlich über den Beginn der Widerrufsfrist. Die von der Beklagten zur Erläuterung des Verweises auf § 492 Abs. 2 BGB in einem Klammerzusatz angefügten Beispiele entsprachen zwar nicht den gesetzlichen Vorgaben, weil sie mit den Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags und der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde "Pflichtangaben" benannten, die für den Immobiliardarlehensvertrag der Kläger nicht einschlägig waren. In der Angabe dieser beiden zusätzlichen Pflichtangaben lag indessen das von den Klägern angenommene vertragliche Angebot der Beklagten, das Anlaufen der Widerrufsfrist von der zusätzlichen Erteilung dieser beiden Angaben im Immobiliardarlehensvertrag abhängig zu machen. 

Das Berufungsurteil hatte gleichwohl keinen Bestand, weil die Beklagte im Immobiliardarlehensvertrag keine Angaben zu der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde gemacht und damit nicht sämtliche Bedingungen erfüllt hat, von denen sie selbst das Anlaufen der Widerrufsfrist abhängig gemacht hat. 

Das Berufungsgericht wird nach Zurückverweisung der Sache nunmehr der Frage nachzugehen haben, ob sich die Kläger im Zusammenhang mit der Ausübung des Widerrufsrechts rechtmissbräuchlich verhalten haben und welche Rechtsfolgen der Widerruf der Kläger – seine Wirksamkeit unterstellt – hat. 

* § 492 BGB Schriftform, Vertragsinhalt


(2) Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.


Vorinstanzen: 

LG Heidelberg – Urteil vom 14. Oktober 2014 – 2 O 168/14
 OLG Karlsruhe – Urteil vom 25. August 2015 – 17 U 179/14

Karlsruhe, den 22. November 2016

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Mittwoch, 16. November 2016

Rechtschutzversicherung - immer häufiger des Anwalts Ärgernis

Rechtschutzversicherungen sind immer wieder ein Quell des täglichen Ärgers,

Dieses Mal kommt nach knapp 8 Wochen eine Rechtschutzzusage für die außergerichtliche  Interessenvertretung. Verlangt hatte ich  die Kostenzusage für das gerichtliche Vorgehen!

Verbunden war die außergerichtliche Kostenzusage mit überflüssigen Hinweisen.

- dass bei Widerrufsfällen vor dem Widerruf keine Kostenübernahme in Betracht kommt - hatte ich auch nicht verlangt;

- dass ich vorgerichtliche Kosten als Nebenforderung mit einklagen soll - Das setzt bekantlich Verzug voraus, der nicht vorliegt.

- dass von ihr gezahlte Beträge auf die Rechtschutzversicherung übergehen - setzt Zahlungen voraus, also bisher nichts;

- dass eine weitere außergerichtliche Interessenvertretung "erfahrungsgemäß erfolglos und damit überflüssig ist" -Warum erfolgt dann eine Kostenzusage für die nachgewiesene erfolglose außergerichtliche Interessenvertretung?

 
 Das alles hätte sich die ÖRAG sparen können.

Der Satz: "Kostenzusage für die Klage wird erteilt, der Gerichtskostenvorschuss wird angewiesen" - hätte vollkommen genügt.


Donnerstag, 10. November 2016

Keine Entscheidung des BGH zum Individualbeitrag



Bundesgerichtshof Mitteilung der Pressestelle
Nr. 203/2016 vom 10.11.2016

Eine Bank hat wieder einmal die Notbremse gezogen und die Revision kurz vor dem Verkündigungstermin zurückgenommen.

Der "einmalige laufzeitunabhängige Individualbeitrag" sollte die vom BGH gekippte Bearbeitungsgebühr bei Verbraucherdarlehen durch die Hintertür unter neuem Namen wieder einführen.
 
Verhandlungstermin am 22. November 2016 in Sachen XI ZR 450/15 ("Individualbeitrag" bei
Verbraucherdarlehen) aufgehoben


Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat den in der Pressemitteilung Nr. 160/2016 für den 22. November 2016 angekündigten Verhandlungstermin in der Sache XI ZR 450/15, in der es um die Erhebung eines sog. "einmaligen laufzeitunabhängigen Individualbeitrags" in einem Verbraucherdarlehensvertrag ging, aufgehoben, weil die Beklagte ihre Revision zurückgenommen hat. Damit ist das Berufungsurteil des Landgerichts Mönchengladbach rechtskräftig.

XI ZR 450/15

Vorinstanzen:  

Amtsgericht Mönchengladbach - Urteil vom 24. Februar 2015 - 36 C 536/14 
 Landgericht Mönchengladbach - Urteil vom 9. September 2015 - 2 S 29/15 

Karlsruhe, den 10. November 2016

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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Dienstag, 8. November 2016

OLG Karlsruhe - Bausparkasse darf bei Zuteilungsreife den Bausparvertrag nicht kündigen

Das OLG Karlsruhe hat am 08.11.2016 entschieden, dass die Bausparkasse  nach Zuteilungsreife von sich aus nicht den Bausparvertrag kündigen darf. Im entschiedenen Fall war der Vertrag seit 2002 zuteilungsreif und die Bausparkasse hatte 2015 den Vertrag gekündigt, weil bis dahin kein Bauspardarlehen abgerufen worden war.

Damit sind sich die beiden Oberlandesgerichte in Baden-Württemberg - Stuttgart und Karlsruhe - einig.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde zugelassen.

Schwarzer Tag für die Bausparkassen.


Klauseln in Bausparverträgen über 2 % Darlehensgebühr sind unwirksam



Bundesgerichtshof -Mitteilung der Pressestelle
Nr. 198/2016 vom 08.11.2016

Bundesgerichtshof entscheidet zu Formularklauseln über Darlehensgebühren in Bausparverträgen


Urteil vom 8. November 2016 - XI ZR 552/15 

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine vorformulierte Bestimmung über eine "Darlehensgebühr" in Höhe von 2 Prozent der Darlehenssumme in Bausparverträgen zwischen Verbrauchern und Unternehmern unwirksam ist.

Sachverhalt:

Von den ursprünglich terminierten drei Verfahren zur Zulässigkeit von Darlehensgebühren in Bausparverträgen (vgl. dazu die Pressemitteilung Nr. 155/16) war nach Rücknahme von zwei Revisionen noch das Verfahren XI ZR 552/15 zu entscheiden. In dieser Sache klagt ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Er wendet sich mit der Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG gegen eine in den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) der beklagten Bausparkasse enthaltene Klausel, wonach mit Beginn der Auszahlung des Bauspardarlehens eine "Darlehensgebühr" in Höhe von 2 Prozent des Bauspardarlehens fällig und dem Bauspardarlehen zugeschlagen wird (§ 10 ABB)*. 

Der Kläger ist der Ansicht, die angegriffene Klausel verstoße gegen § 307 BGB**, und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, die Verwendung der Klausel gegenüber Verbrauchern zu unterlassen. 

Prozessverlauf:

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen abgewiesen worden. Die von dem Oberlandesgericht zugelassene Revision des Klägers hatte Erfolg. 

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Bei der "Darlehensgebühr" handelt es sich um eine gerichtlicher Klauselkontrolle unterliegende sogenannte Preisnebenabrede. Die Klausel ist dahingehend zu verstehen, dass mit der Gebühr keine konkrete vertragliche Gegenleistung bepreist wird. Vielmehr dient die Gebühr der Abgeltung von Verwaltungsaufwand, der für Tätigkeiten der Beklagten im Zusammenhang mit den Bauspardarlehen anfällt. 

Damit weicht die Klausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab. Denn zum einen wird mit dieser Gebühr ein Entgelt erhoben, das abweichend vom gesetzlichen Leitbild für Darlehensverträge, das nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB*** einen laufzeitabhängigen Zins vorsieht, nicht laufzeitabhängig ausgestaltet ist. Dieses Leitbild ist entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts auch für Bauspardarlehensverträge maßgeblich. Zum anderen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Entgeltklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann mit wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung unvereinbar, wenn Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt wird, zu denen der Verwender gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt. Das aber sieht die angegriffene Klausel vor.

Diese Abweichungen der Klausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung benachteiligen die Vertragspartner der Bausparkasse unangemessen. Insbesondere wird die Gebühr nicht im kollektiven Gesamtinteresse der Bauspargemeinschaft erhoben, da sie keinen Beitrag zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Bausparwesens leistet. Die Darlehensgebühr wird auch nicht durch Individualvorteile für Bausparkunden, wie z.B. günstige Darlehenszinsen, ausgeglichen, da diesen bereits nicht unerhebliche Nachteile, etwa eine Abschlussgebühr, gegenüberstehen.

* § 10 Darlehensgebühr

Mit Beginn der Darlehensauszahlung wird eine Darlehensgebühr in Höhe von 2 % des Bauspardarlehens - bei der Wahl gemäß § 9 Abs. 3 vor Abzug des Disagios - fällig und dem Bauspardarlehen zugeschlagen (Darlehensschuld).

** § 307 BGB Inhaltskontrolle 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. 

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung 

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder 

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. 

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein. 

*** § 488 Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.


Vorinstanzen: 

LG Heilbronn - Urteil vom 21. Mai 2015 - Bi 6 O 50/15 
OLG Stuttgart - Urteil vom 19. November 2015 - 2 U 75/15


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