Bundesgerichtshof -Mitteilung der Pressestelle -Nr. 138/2018 vom 22.08.2018
Formularmäßige Übertragung der Schönheitsreparaturen bei
unrenoviert übergebener Wohnung auch bei Renovierungsvereinbarung"
zwischen Mieter und Vormieter unwirksam
Urteil vom 22. August 2018 - VIII ZR 277/16
Sachverhalt und Prozessverlauf:
Der Beklagte war von Januar 2009 bis Ende Februar 2014
Mieter einer Wohnung der Klägerin, die ihm bei Mietbeginn in nicht renoviertem
Zustand und mit Gebrauchsspuren der Vormieterin übergeben worden war. Der von
der Klägerin verwendete Formularmietvertrag sah vor, dass die
Schönheitsreparaturen dem Mieter oblagen.
Am Ende der Mietzeit führte der Beklagte
Schönheitsreparaturen durch, die die Klägerin als mangelhaft ansah und deshalb
durch einen Malerbetrieb zu Kosten von 799,89 € nacharbeiten ließ. Wegen dieses
Betrages begehrt die Klägerin – unter Verrechnung anderer zwischen den Parteien
geltend gemachten Forderungen – Schadensersatz wegen nicht beziehungsweise
mangelhaft durchgeführter Schönheitsreparaturen.
Der Beklagte hat sich auf die Rechtsprechung des Senats
(vgl. etwa Urteil vom 18. März 2015 - VIII ZR 185/14; Pressemitteilung Nr.
39/2015) berufen, wonach eine Formularklausel, die dem Mieter einer unrenoviert
oder renovierungsbedürftig übergebenen Wohnung die Schönheitsreparaturen ohne
angemessenen Ausgleich auferlegt, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB
unwirksam ist.
Die Klägerin war demgegenüber der Auffassung, diese
Rechtsprechung könne hier mit Rücksicht auf eine zwischen dem Beklagten und der
Vormieterin im Jahr 2008 getroffene "Renovierungsvereinbarung" keine
Anwendung finden. In dieser Vereinbarung hatte der Beklagte von der Vormieterin
einige Gegenstände übernommen, sich zur Zahlung eines nicht näher
festgestellten Geldbetrages verpflichtet und sich zur Übernahme der
Renovierungsarbeiten bereit erklärt.
Die Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Dabei
hat das Berufungsgericht seine Entscheidung auf die Erwägung gestützt,
angesichts der Vereinbarung zwischen dem Beklagten und der Vormieterin sei es
interessengerecht, den Beklagten so zu behandeln, als habe ihm die Klägerin die
Mietsache im renovierten Zustand übergeben. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgte der Beklagte (unter anderem) sein
Klageabweisungsbegehren weiter.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige
VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Berufungsurteil aufgehoben und
entschieden, dass eine Formularklausel, die dem Mieter einer unrenoviert oder
renovierungsbedürftig übergebenen Wohnung die Schönheitsreparaturen ohne
angemessenen Ausgleich auferlegt auch dann unwirksam ist, wenn der Mieter sich
durch zweiseitige Vereinbarung gegenüber dem Vormieter verpflichtet hat,
Renovierungsarbeiten in der Wohnung vorzunehmen.
Nach der Rechtsprechung des Senats hält die
formularvertragliche Überwälzung der nach der gesetzlichen Regelung (§ 535 Abs.
1 Satz 2 BGB) den Vermieter treffenden Verpflichtung zur Vornahme laufender
Schönheitsreparaturen im Falle einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig
überlassenen Wohnung der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1,
Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, sofern der Vermieter dem Mieter keinen
angemessenen Ausgleich gewährt, der ihn so stellt, als habe der Vermieter ihm
eine renovierte Wohnung überlassen. Denn eine solche Vornahmeklausel
verpflichtet den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des
Vormieters und führt dazu, dass der Mieter die Wohnung voDrzeitig renovieren
oder gegebenenfalls in einem besseren Zustand zurückgeben müsste, als er sie
selbst vom Vermieter erhalten hat.
Diese Grundsätze bleiben auch dann anwendbar, wenn der
betreffende Mieter sich wie hier durch zweiseitige Vereinbarung gegenüber
seinem Vormieter zur Vornahme von Renovierungsarbeiten in der Mietwohnung
verpflichtet hat. Denn eine derartige Vereinbarung ist in ihren Wirkungen von
vornherein auf die sie treffenden Parteien, also den Mieter und den Vormieter,
beschränkt. Sie vermag deshalb keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der im
Mietvertrag zwischen Vermieter und neuem Mieter enthaltenen Verpflichtungen zu
nehmen; insbesondere nicht dergestalt, dass der Vermieter so gestellt würde,
als hätte er dem neuen Mieter eine renovierte Wohnung übergeben.
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 307 BGB Inhaltskontrolle
(1) 1Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den
Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. […]
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel
anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen
Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist […]
§ 535 BGB Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags
(1) […] 2Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in
einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie
während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. […]
Vorinstanzen:
Amtsgericht Celle – Urteil vom 25. Mai 2016 – 14 C
1146/14
Landgericht Lüneburg – Urteil vom 16. November 2016 – 6 S
58/16
Karlsruhe, den 22. August 2018
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76125 Karlsruhe
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