BGH - Mitteilung der Pressestelle Nr. 200/2015 vom 08.12.2015
Terminhinweis am 16. Februar 2016, 10.00, Uhr in Sachen
XI ZR 454/14, XI ZR 63/15, XI ZR 73/15 und XI ZR 96/15 (Auszahlungsab-schlag
bei KfW-Darlehen)
Genau solche Fälle habe ich auch.!
Die klagenden Darlehensnehmer begehren von den beklagten
Kreditinstituten jeweils Rückzahlung eines sog. Auszahlungsabschlags, den die
Beklagten im Rahmen von aus Fördermitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau
(nachfolgend KfW) gewährten Darlehen aufgrund formularmäßiger Bestimmungen in
den Darlehensverträgen in Höhe von 4 % des jeweiligen Darlehensnennbetrages
einbehielten. Zur Refinanzierung hatten die Kreditinstitute mit der KfW jeweils
Darlehensverträge abgeschlossen, die ebenfalls Auszahlungsabschläge in Höhe von
4 % des Darlehensnennbetrages zugunsten der KfW vorsahen.
Die Kläger sind der Ansicht, ihnen stehe gegen die
Beklagten jeweils ein Anspruch auf Rückzahlung des Auszahlungsabschlags zu, da
die Bestimmungen über den Auszahlungsabschlag in den Darlehensverträgen
kontrollfähige Allgemeine Geschäftsbedingung darstellten und als solche
insbesondere gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB* verstießen. Zur Begründung
führen sie unter anderem an, die Klauseln benachteiligten sie unangemessen im
Sinne von § 307 Abs. 1 BGB, weil sie keine echte Gegenleistung zum Gegenstand
hätten, sondern dazu dienten allgemeine Betriebskosten auf sie abzuwälzen.
In den Verfahren XI ZR 454/14, XI ZR 73/15 und XI ZR
96/15 ist die Klage in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. In der Sache XI ZR
63/15 hatte die Klage erstinstanzlich Erfolg; auf die Berufung hin wurde sie
abgewiesen.
Die Landgerichte Bückeburg und Bamberg haben angenommen,
die Bestimmung über den Auszahlungsabschlag unterliege zwar der AGB-rechtlichen
Inhaltskontrolle. Sie halte dieser Kontrolle jedoch stand, da die Vereinbarung
die Kläger nicht unangemessen benachteilige. Es handele es sich nicht um einen
"normalen" Geschäftskredit, der von miteinander im Wettbewerb
stehenden Banken vergeben werde, sondern um einen Kredit aus subventionierten
Mitteln der KfW. Die Darlehenskonditionen seien in Förderrichtlinien
festgeschrieben, mit denen wirtschafts- und geopolitische Zwecke verfolgt
würden. Die ausgebende Bank habe daher keine Möglichkeit, auf die
Darlehenskonditionen Einfluss zu nehmen. Diese ergäben sich aus den
Förderprogrammen der KfW. Darüber hinaus verweist das Landgericht Bamberg
darauf, der Auszahlungsabschlag sei nicht bei der Beklagten verblieben, sondern
direkt an die KfW weitergeleitet worden.
Die Landgerichte Aschaffenburg und Osnabrück sind der
Auffassung, dass die Bestimmung über den Auszahlungsabschlag schon keiner
AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliege. Es handele sich um eine
kontrollfreie Preisabrede.
Das Landgericht Aschaffenburg meint, die Beklagte wälze
mit dem Auszahlungsabschlag keine eigenen Betriebskosten für die Erfüllung
gesetzlicher oder nebenvertraglich begründeter Pflichten oder für sonstige
Tätigkeiten, die sie im eigenen Interesse erbringe, auf ihre Kunden ab. Sie sei
lediglich "durchleitende Bank" und habe auf die Vertragsgestaltung
keinen Einfluss. Ihre eigenen Kosten decke sie aus der Marge zwischen den
Zinssätzen im Förder- und Refinanzierungsdarlehen. Dem Kunden räume sie ein
umfassendes Sondertilgungsrecht ohne Vorfälligkeitsentschädigung ein, das über
ihre gesetzlichen Verpflichtungen gemäß den Regelungen über Verbraucherdarlehen
hinausgehe. Der Auszahlungsabschlag sei daher als Entgelt für eine
Sonderleistung anzusehen.
Das Landgericht Osnabrück ist der Auffassung, dass es
sich bei dem "Förderdarlehen" nicht um einen "gewöhnlichen"
Verbraucherkredit handele. Die Vertragsparteien hätten auf die Ausgestaltung
der nach dem Darlehensvertrag zu erbringenden Leistungen keinen Einfluss. Der
Auszahlungsabschlag sei fester Bestandteil der bei öffentlichen Förderkrediten
regelmäßig ohnehin knappen Kreditkalkulation. Er stelle ein besonderes Entgelt
für die dem Kunden eingeräumte Möglichkeit dar, das Förderdarlehen ohne
Entrichtung einer Vorfälligkeitsentschädigung vorzeitig zurückzuzahlen.
Hierdurch habe der Endkreditnehmer insbesondere bei einer beabsichtigten
Umschuldung in Zeiten niedriger Kapitalmarktzinsen einen Vorteil.
Mit den von den Berufungsgerichten zugelassenen
Revisionen verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren jeweils weiter.
* § 307 BGB Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind
unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von
Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene
Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar
und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel
anzunehmen, wenn eine Bestimmung
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung,
von der abgewichen wird, nicht zu
vereinbaren ist oder
…
Vorinstanzen:
XI ZR 454/14
AG Rinteln – Urteil vom 21. November 2013 – 2 C 67/13
LG Bückeburg – Urteil vom 11. September 2014 – 1 S
60/13
und
XI ZR 63/15
AG Bamberg – Urteil vom 23. Mai 2014 – 0120 C 1231/13
LG Bamberg – Urteil vom 9. Januar 2015 – 3 S 80/14
und
XI ZR 73/15
AG Obernburg a. Main – Urteil vom 14. Mai 2014 – 14 C
408/13
LG Aschaffenburg – Urteil vom 15. Januar 2015 – 22 S
104/14
und
XI ZR 96/15
AG Osnabrück – Urteil vom 16. April 2014 – 45 C 23/14
(25)
LG Osnabrück – Urteil vom 20. Februar 2015 – 7 S 202/14
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