Aus dem Alltag einer Rechtsanwältin - von Sinn, Unsinn und Wahnsinn im Dienste der Justitia -
Montag, 24. April 2017
Das muss man den Leuten doch sagen!
Vom paar Tagen musste ich einer über 80 Jahre alten Dame erklären, dass sie nach dem Tod des Sohnes nicht nur dessen geringes Vermögen, sondern auch dessen Verbindlichkeiten geerbt hatte.
Das Erbe hatte sie bereits angenommen. Sie hatte selbst verständlich auch die Kosten der Beerdigung getragen. Dass sich Schulden ebenfalls vererben, das war ihr nicht bekannt.
Sie konnte gar nicht verstehen, warum die Gelder, die sie schon aus eigenem Vermögen für die Beerdigung und Grabanlage bezahlt hatte, in dem Zusammenhang keine Rolle spielen.
Meinem Hinweis, sie könne noch Nachlassinsolvenz beantragen, müsse dann aber die geringen Vermögensgegenstände herausgeben, wollte sie dann doch nicht folgen. Zu viele Erinnerungen waren mit diesen Gegenständen verbunden.
Ihr Satz zum Abschied lautete: "Das muss man den Leuten doch sagen!"
Juristen gehen allzu oft ganz selbstverständlich davon aus, dass die Bevölkerung ihre Rechte schon kennen wird. Das ist leider ganz und gar nicht der Fall.
Besser wäre es, wenn Behörden, hier z.B. das Nachlassgericht, eine Seite mit Allgemeinen Hinweisen verfassen und den Erben mit an die Hand geben würde. Noch besser wäre es, wenn es in Deutschland ein Schulpflichtfach "Rechtskundeunterricht" geben würde.
Für die alte Dame käme dies natürlich zu spät.
In einer immer komplexer werdenden Welt scheint es mir persönlich angebracht, junge Menschen auch in dieser Hinsicht für das Leben fit zu machen.
Labels:
Erbenhaftung,
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Schulden
Montag, 10. April 2017
Die Erbengemeinschaft und die Rache von Geschwistern
Die
Erbengemeinschaft ist oftmals die letzte Gelegenheit, vermeintlich alte
Rechnungen unter Geschwistern zu präsentieren.
In
so manchem Fall löst das Verhalten der beteiligten Personen nur noch
Kopfschütteln aus.
In
einem besonders krassen Fall ist der längst lebende Elternteil vor
annähernd zweieinhalb Jahren verstorben. Es sind vier Abkömmlinge vorhanden.
Davon blockieren der Älteste und die Jüngste ohne ersichtlichen Grund die
Erbauseinandersetzung.
Der
Nachlass ist übersichtlich. Neben einem Wohnhaus und einigen unbebauten
Grundstücken sind noch ein PKW, Hausrat und ein paar werthaltige
Gegenstände vorhanden. Die Grundstücke liegen in drei verschiedenen
Amtsgerichtsbezirken.
Nachdem
eineinhalb Jahre lang keinerlei Mitwirkung
der beiden Blockierer an der Erbauseinandersetzung erfolgt war, wurde vor einem Jahr die Teilungsversteigerung
hinsichtlich aller Grundstücke in die Wege geleitet. Es folgten Anträge
auf vorläufige Einstellung der Zwangsversteigerungen wegen angeblich
unmittelbar bevorstehender Einigung, obwohl die Blockierer keinerlei
Anstalten dazu unternahmen. Diese
Anträge wurden nach Monaten von den zuständigen Gerichten
zurückgewiesen.
Selbstverständlich
wurden auch alle Rechtsbehelfe gegen diese Entscheidungen von den
Blockierern eingelegt. Der älteste Nachkomme investiert seine Zeit in eine
Art juristisches Selbststudium mit entsprechendem Halbwissen.
Die
mehrmalige Aufforderung zum Verkauf der wenigen werthaltigen Gegenstände
das Einverständnis zu erklären, blieb erfolglos.
Dies
hat zur Folge, dass nun eine Klage eingereicht werden muss, um entsprechende
Zustimmungserklärungen durch Gerichtsurteil ersetzen zu lassen.
Nach
der Versteigerung zeichnet sich schon die Klage auf Zustimmung zum Teilungsplan
hinsichtlich der Erbauseinandersetzung ab.
Da
stellt sich doch die Frage, wie groß der Hass und unverarbeitete Familienerlebnisse
sein müssen, um Menschen in fortgeschrittenem Alter zu bewegen, bei so
eindeutiger Rechtslage so viele Kosten und Zeit zu investieren, um sich
an ihren Geschwistern zu rächen. Verhindern lässt sich die Auseinandersetzung
der Erbengemeinschaft jedenfalls nicht.
Notarrechnungen - immer vertrauenswürdig?
Notare gehören zu den Personen, denen ein Großteil der Bevölkerung bedingungslos vertraut. Das folgende Erlebnis einer Mandantin gibt Anlass, daran zu zweifeln.
Im Frühjahr 2013 suchte die Mandanten einem Notar im Südhessischen auf, um eine Erklärung beurkunden zu lassen. Gelegentlich dieses Vorgangs wurde sie vom Notar angesprochen, ob sie denn schon eine Vorsorgevollmacht erstellt hätte. Dies Frage verneinte sie. Den Vorschlag des Notars, er könne ihr mal sein Muster schicken, verstand die Dame nicht als Auftragserteilung. Sie war daher sehr überrascht, als sie nach vier Jahren eine Notarkostenrechnung über einen Entwurf erhielt.
Das Muster hatte sie seinerzeit zwar bekommen, allerdings entsorgt. Mein Auftrag war daher zu prüfen, ob überhaupt ein Notarvertrag zustandegekommen war. Bei der Prüfung dieses Vorgangs stellte sich heraus, dass der Notar nach dem neuen Gerichtskosten- und Notarkostengesetz abgerechnet hatte, obwohl seine Tätigkeit seinerzeit noch unter der Geltung der Kostenordnung stattgefunden hatte, die er demzufolge bei seiner Rechnung hätte zugrundelegen müssen.
Auf diesen Hinweis übersandte der Notar eine neue Rechnung, in der er den Gegenstandswert ohne ein Wort der Begründung verdoppelt hatte. Die neue Rechnung fiel also höher aus, als die ursprüngliche!
Ich mußte den Notar daher darauf hinweisen, dass seine ursprüngliche Schätzung des Gegenstandswertes und erst recht die Verdoppelung dieses Gegenstandswertes ohne jegliche Grundlage ist. Gleichzeitig habe ich ihm dargelegt, wie meiner Meinung nach seine Rechnung aussehen müsste.
Heute lag nun eine neue Rechnung in der Post, die diesen Vorgaben auch entspricht. Der neue Rechnungsbetrag liegt nun über 400 € unter dem, was der Notar zwischenzeitlich in Rechnung gestellt hatte.
Nach einer Entschuldigung sucht man im Begleitschreiben und in der Rechnung leider vergebens. Das Verhalten dieses Notariats lässt sich nur so interpretieren, dass entweder falsche Rechnungen – alle Rechnungen waren selbstverständlich vom Notar unterschrieben worden – bewußt überhöht ausgestellt werden. Oder aber das Schreiben der Rechnungen ist an eine Person delegiert, die dafür völlig unqualifiziert ist.
Es fällt schwer zu glauben, dass diese Vorgehensweise in diesem Notariat ein Einzelfall ist. Das Vertrauen, dass die Bevölkerung in das Arbeiten von Notariaten hat, wird durch solche Geschäftspraktiken jedenfalls massiv beschädigt.
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