Mittwoch, 21. September 2016

Verkauf von Energiesparlampen mit überhöhtem Quecksilbergehalt ist verboten!



Bundesgerichtshof - Mitteilung der Pressestelle
Nr. 164/2016 vom 21.09.2016

Bundesgerichtshof bestätigt Verbot des Vertriebs von  Energiesparlampen mit zu hohem Quecksilbergehalt


Urteil vom 21. September 2016 - I ZR 234/15

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat hat über ein Verbot des Vertriebs von Energiesparlampen mit zu hohem Quecksilbergehalt entschieden. 

Sachverhalt:

Der Kläger, ein Umwelt- und Verbraucherschutzverband, beanstandet, bestimmte von der Beklagten im Jahre 2012 vertriebene Energiesparlampen enthielten mehr Quecksilber als gesetzlich zulässig. Er hat die Beklagte auf Unterlassung des Vertriebs solcher Lampen in Anspruch genommen. 

Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist im Wesentlichen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe Energiesparlampen vertrieben, die den gesetzlich zulässigen Quecksilbergehalt überschritten und damit gegen die Bestimmung des § 5 Abs. 1 Satz 1 ElektroG aF und die seit dem 9. Mai 2013 geltenden Vorschriften der § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Elektro- und Elektronikgeräte-Stoff-Verordnung (ElektroStoffV) verstoßen. Dies sei wettbewerbswidrig, weil der Absatz von Produkten, die die vorgeschriebenen Grenzwerte überschritten, zum Schutz der Verbraucher vor gesundheitsschädlichen Stoffen untersagt sei.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ElektroG aF und § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroStoffV durfte der Quecksilbergehalt der von der Beklagten vertriebenen Lampen bestimmte absolute Grenzwerte nicht überschreiten. Im Jahr 2012 betrug der Grenzwert je Leuchte 5 mg Quecksilber. Dieser Grenzwert ist zwischenzeitlich auf 2,5 mg je Leuchte abgesenkt worden.

Die in § 5 Abs. 1 Satz 1 ElektroG aF, § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroStoffV enthaltenen Verbote stellen Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG dar, weil sie neben abfallwirtschaftlichen Zielen auch dem Gesundheits- und Verbraucherschutz dienen. Von quecksilberhaltigen Energiesparlampen gehen nicht nur im Zusammenhang mit der Entsorgung, sondern auch im Falle ihres Zerbrechens erhebliche Gesundheitsgefahren aus.

Im Streitfall waren die Grenzwerte mit 13 mg und 7,8 mg bei zwei der geprüften Lampen überschritten, so dass die Beklagte gegen das Verbot nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ElektroG aF verstoßen hat und die Lampen auch nicht den Anforderungen genügen, die aufgrund der jetzt gültigen Regelung in der ElektroStoffV maßgeblich sind. Es liegt bei einer Überschreitung der Grenzwerte des Quecksilbergehalts auch kein Bagatellverstoß vor, der einem Unterlassungsanspruch entgegenstünde. 

Vorinstanzen: 

LG Stade - Urteil vom 13. Dezember 2012 - 8 O 112/12 
OLG Celle - Urteil vom 8. Oktober 2015 - 13 U 15/13, GRUR-RR 2016, 245 = WRP 2016, 119 

Karlsruhe, den 21. September 2016 

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
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Telefax (0721) 159-5501

Dienstag, 13. September 2016

Unangemessene Benachteiligung des Bausparers durch Darlehensgebühr - der Bundesgerichtshof verhandelt am 08.11.2016



Der Bundesgerichtshof hat erneut zu entscheiden, ob die von Bausparkassen erhobenen Darlehensgebühren  von 2 Prozent des Bauspardarlehens gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB verstößt und den Bausparer unangemessen benachteiigt.  Dabei wird auch noch einmal die Frage der Verjährung - Regelverjährung von 3 Jahren oder 10 Jahre - von Bedeutung sein.


Bundesgerichtshof - Mitteilung der Pressestelle- Nr. 155/2016 vom 13.09.2016
Verhandlungstermin am 8. November 2016 in Sachen XI ZR 552/15 – 9.00 Uhr, XI ZR 472/15 – 11.00 Uhr
- und XI ZR 477/15 – 9.00 Uhr - (Darlehensgebühr bei Bauspardarlehen)


XI ZR 552/15

In dem Verfahren XI ZR 552/15 wendet sich der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist, mit der Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG gegen eine in den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) der beklagten Bausparkasse enthaltene Klausel, wonach mit Beginn der Auszahlung des Bauspardarlehens eine Darlehensgebühr in Höhe von 2 % des Bauspardarlehens fällig wird (§ 10 ABB).

Der Kläger ist der Ansicht, die angegriffene Klausel verstoße gegen § 307 BGB* und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Verbrauchern zu unterlassen.

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat angenommen, die beanstandete Klausel benachteilige den Kunden nicht unangemessen. Maßgebend für die Beurteilung sei nicht das Leitbild des Darlehensvertrages, sondern das durch Besonderheiten des Bausparkassengesetzes geprägte Leitbild für Bausparverträge. Dieses Leitbild gehe von einer Darlehensgebühr aus. Die staatliche Förderung durch Bausparprämien und die Einbeziehung der Darlehensgebühr in die Berechnung des effektiven Jahreszinses sprächen dafür, dass der Gesetzgeber die Gebühr gebilligt habe.

Dass die Darlehensgebühr nicht anteilig zurückerstattet werde, wenn der Bausparer das Bauspardarlehen vor Fälligkeit tilge, benachteilige den Bausparer nicht unangemessenen, weil es diesem frei stehe, ob er das Bauspardarlehen vor Fälligkeit tilge. Eine vorfällige Tilgung des Bauspardarlehens bedeute zudem keine Mehrbelastung des Bausparers. In einem solchen Fall werde die nominale Gesamtbelastung in der Darlehensphase des Bausparvertrages vielmehr geringer; höher werde allein der effektive Jahreszins.

Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter.

XI ZR 472/15 und XI ZR 477/15

In den Verfahren XI ZR 472/15 und XI ZR 477/15 begehren die klagenden Bausparer von den beklagten Bausparkassen jeweils Rückzahlung einer Darlehensgebühr, die die Beklagten bei Auszahlung eines Bauspardarlehens aufgrund einer formularmäßigen Bestimmung in ihren Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) erhoben haben. Im Verfahren XI ZR 477/15 wurde das Bauspardarlehen im Januar 2007 ausbezahlt.

Die Kläger sind der Ansicht, ihnen stehe gegen die Beklagten jeweils ein Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensgebühr zu, da die Bestimmungen über die Darlehensgebühr in den ABB kontrollfähige Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellten und als solche gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB verstießen. Zur Begründung führen sie unter anderem an, die Klauseln benachteiligten sie unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB, weil sie keine echte Gegenleistung zum Gegenstand hätten, sondern dazu dienten, allgemeine Betriebskosten auf sie abzuwälzen.

In dem Verfahren XI ZR 472/15 ist die Klage in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. In dem Verfahren XI ZR 477/15 hatte die Klage erstinstanzlich Erfolg; auf die Berufung hin wurde sie abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Bestimmung über die Darlehensgebühr keiner Inhaltskontrolle unterläge, weil es sich um eine kontrollfreie Preishauptabrede handele. Die Darlehensgebühr sei als zusätzliches (Teil-)Entgelt für die Kreditgewährung anzusehen.

Mit der Darlehensgebühr würden zudem spezifische Leistungsbestandteile des Bausparmodells entgolten. Zum einen werde dem Bausparer eine Anwartschaft auf ein Darlehen zu bestimmten Zinsen eingeräumt, die er bereits mit Abschluss des Bausparvertrages erwerbe. Zum anderen habe der Bausparer die Möglichkeit, das Bauspardarlehen jederzeit zu tilgen, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung bezahlen zu müssen. Das Leistungs- und Gegenleistungsgefüge sei insoweit abweichend vom "gewöhnlichen (Bank-)Darlehen" ausgestaltet.

Selbst wenn man die Klausel für kontrollfähig halte, sei die Darlehensgebühr wirksam vereinbart, weil sie nicht mit wesentlichen gesetzlichen Grundprinzipien unvereinbar sei und den Bausparer nicht unangemessen benachteilige. Das Bauspardarlehen sei in einen Bausparvertrag eingebettet, durch den dem Bausparer besondere Leistungen - eine Zinssicherung und die Möglichkeit, das Bauspardarlehen jederzeit (ohne Vorfälligkeitsentschädigung) zu tilgen - gewährt würden.

In dem Verfahren XI ZR 477/15 hat das Berufungsgericht darüber hinaus angenommen, dass ein Rückzahlungsanspruch des Klägers verjährt sei.

Da der Kläger die Darlehensgebühr bereits bei Auszahlung des Bauspardarlehens an ihn am 1. Januar 2007 geleistet habe, sei der Rückzahlungsanspruch bereits im Jahr 2007 entstanden, so dass die dreijährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB** am 31. Dezember 2011 abgelaufen sei. Das vom Kläger im Dezember 2014 in Gang gesetzte Mahnverfahren habe den Verjährungslauf folglich nicht mehr hemmen können.

Der Verjährungsbeginn sei weder durch eine unsichere oder zweifelhafte, von divergierenden Meinungen und Entscheidungen geprägte Rechtslage hinausgeschoben worden noch dadurch, dass dem Kläger eine Klageerhebung wegen absehbarer Erfolglosigkeit nicht zumutbar gewesen sei. Die Grundsätze aus den Urteilen des Senats zur Verjährung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Bearbeitungsentgelten bei Verbraucherdarlehen vom 28. Oktober 2014 (XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 und XI ZR 17/14, BKR 2015, 26) seien nicht anzuwenden, weil die Darlehensgebühr nicht im Zusammenhang mit der Gewährung eines Verbraucherdarlehens erhoben worden sei. Ein Bausparvertrag sei kein Verbraucherkreditvertrag, sondern ein Vertrag besonderer Art, der sich aus verschiedenen Elementen in der sogenannten Anspar- bzw. Darlehensphase zusammensetze, weshalb es an der Vergleichbarkeit der rechtlichen Beurteilungskriterien fehle.

Mit der vom Berufungsgericht jeweils zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

* § 307 BGB Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. 

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung 

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder 

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. 

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein. 

** § 195 BGB Regelmäßige Verjährungsfrist

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Vorinstanzen:
 XI ZR 472/15
 AG Ludwigsburg - Urteil vom 19. Mai 2015 - 8 C 165/15
 LG Stuttgart - Urteil vom 14. Oktober 2015 - 4 S 142/15

und

XI ZR 477/15
 AG Ludwigsburg - Urteil vom 17. April 2015 - 10 C 133/15
 LG Stuttgart - Urteil vom 14. Oktober 2015 - 4 S 122/15

und

XI ZR 552/15
 LG Heilbronn - Urteil vom 21. Mai 2015 - Bi 6 O 50/15
 OLG Stuttgart - Urteil vom 19. November 2015 - 2 U 75/15

Karlsruhe, den 13. September 2016

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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Herausgeber: Pressestelle des Bundesgerichtshofs, 76125 Karlsruhe

Was Banken unter Kreativität verstehen - Nr. 2 : Alles, was den Banken nützt!



Der Bundesgerichtshof hat über die Frage zu entscheiden, ob Banken für geduldete Überziehungen einerseits laufzeitabhängig Zinsen verbunden mit  einem laufzeitunabhängigen  Mindestbetrag als Pauschale  berechen dürfen oder ob dies ein  Verstoß gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellt und zu einer unangemessenen Benachteiligung führt. 

Bundesgerichtshof - Mitteilung der Pressestelle   Nr. 156/2016 vom 13.09.2016

Verhandlungstermin am 25. Oktober 2016, 11.00 Uhr, in Sachen XI ZR 9/15 (Kosten für geduldete
Überziehung)


Der Kläger, der Dachverband der Verbraucherzentralen, nimmt die Beklagte, eine Geschäftsbank, gemäß § 1 UKlaG auf Unterlassung der Verwendung einer Klausel aus ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Anspruch. In den von der Beklagten verwendeten "Bedingungen für geduldete Überziehungen" heißt es auszugsweise wie folgt:

"5. Die Höhe des Sollzinssatzes für geduldete Überziehungen, der ab dem Zeitpunkt der Überziehung anfällt, beträgt 16,50 % p. a. (Stand August 2012). Die Sollzinsen für geduldete Überziehungen fallen nicht an, soweit diese die Kosten der geduldeten Überziehung (siehe Nr. 8) nicht übersteigen.

(…)

8. Die Kosten für geduldete Überziehungen, die ab dem Zeitpunkt der Überziehung anfallen, betragen 6,90 Euro (Stand August 2012) und werden im Falle einer geduldeten Überziehung einmal pro Rechnungsabschluss berechnet. Die Kosten für geduldete Überziehung fallen jedoch nicht an, soweit die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen diese Kosten übersteigen."

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Regelung unter Ziffer 8. Satz 1 der Bedingungen als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle unterliege und dieser nicht standhalte, weil sie Verbraucher unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB* benachteilige.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass es sich bei der Klausel um eine gemäß § 307 Abs. 3 BGB* nicht der Inhaltskontrolle unterliegende Preishauptabrede handele.

Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die angegriffene Klausel jedenfalls in der Kombination zwischen einem laufzeitabhängigen Entgelt in Gestalt der unter Ziffer 5. der Bedingungen vorgesehenen Sollzinsen und einem laufzeitunabhängigen Mindestentgelt – den unter Ziffer 8. der Bedingungen vorgesehenen Kosten – eine kontrollfähige Preisnebenabrede darstelle. Denn das Entgelt für die Gewährung eines in Form einer geduldeten Überziehung gewährten Darlehens sei der laufzeitabhängig ausgestaltete Zins. Demgegenüber seien die Kosten laufzeitunabhängig ausgestaltet. Die laufzeitunabhängige Ausgestaltung der Kosten verdeutliche – auch wenn diese nicht neben den Sollzinsen erhoben werden – gerade bei geringfügigen Überziehungen, dass diese nicht allein das Entgelt für das gewährte Darlehen zum Gegenstand haben, sondern auch einen bei der Beklagten anfallenden Aufwand, den sie für die Erfüllung eigener Pflichten und im eigenen Interesse erbringe.

Die Klausel halte der Inhaltskontrolle nicht stand. Zum einen werde, soweit die unter Ziffer 5. der Bedingungen vereinbarten Zinsen unter einem Betrag von 6,90 € bleiben, ein Aufwand für Tätigkeiten des Verwenders auf den Kunden abgewälzt. Derartige Entgeltklauseln seien gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Zum anderen weiche es vom Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB** ab, dass das Entgelt für die Gewährung der Kapitalnutzung laufzeitunabhängig ausgestaltet sei. Diese Abweichung indiziere bereits die unangemessene Benachteiligung. Gründe, welche die Klausel gleichwohl angemessen erscheinen lassen, seien nicht ersichtlich, zumal die laufzeitunabhängigen Kosten gerade bei geringfügigen Überziehungen im Verhältnis zu diesen eine exorbitante Höhe erreichen.

Mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Vorinstanzen:
 LG Frankfurt am Main – Urteil vom 21. Juni 2013 – 12 O 345/12
 OLG Frankfurt am Main – Urteil vom 4. Dezember 2014 – 1 U 170/13

Karlsruhe, den 13. September 2016

*§ 307 BGB

Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

** § 488 Abs. 1 BGB

Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) (…)

(3) (…)

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Herausgeber: Pressestelle des Bundesgerichtshofs, 76125 Karlsruhe

Freitag, 2. September 2016

Bausparkassen und ihre Altverträge - eine Momentaufnahme



 
Was tun, wenn Bausparkassen alte Verträge kündigen?

Viele Bausparkassen kündigen alte Bausparverträge, weil sie sich auf diesem Weg von den vereinbarten Zinssätzen befreien wollen. Die so genannten "hohen Zinsen " belaufen sich in der Regel auf bescheidene 3-5 %  jährlich,  was zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses meistens eine  mäßige Verzinsung war.

Als Folge der Kündigung wird dem Bausparer auch das vertraglich vereinbarte Recht auf ein niedrig verzinstes Bauspardarlehen entzogen.

Die Frage, ob die Kündigungen rechtens sind, kann nicht einheitlich beantwortet werden.

Die erstinstanzlichen Gerichte haben  überwiegend ein Recht zur Kündigung bejaht, wenn die Bausparsumme vollständig angespart worden war. Einige Gerichte sind der Meinung, dass bei Zuteilungsreife des Vertrages das Recht zur Kündigung besteht. Dem steht entgegen, dass eine Pflicht, ein Bauspardarlehen bei Zuteilungsreife abzunehmen, nicht besteht.

Das Oberlandesgericht Stuttgart vertritt die Meinung, dass kein Recht zur Kündigung besteht, wenn dadurch dem Bausparer der Anspruch auf ein Darlehen entzogen wird.

Welche Rechtsauffassung sich durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht noch aus. 

Manche Bausparkassen haben Bausparverträge seinerzeit auch damit beworben, dass der Bausparer hierdurch eine günstige Kapitalanlage erhält. Dies gilt besonders bei Verträgen, in denen bei langer Laufzeit seitens der Bausparkasse  Boni  zusätzlich ausgezahlt werden. In solchen Fällen dürfte das Recht zur Kündigung missbräuchlich sein, weil der Bausparvertrag eben auch als Kapitalanlage verkauft wurde und nicht nur als Konstruktion für  ein günstiges Baudarlehen.

Sollten auch Sie mit einer Kündigung ihres alten Vertrages konfrontiert werden, lassen Sie sich anwaltlich beraten. Bausparkassen lassen sich erfahrungsgemäß nicht von Schreiben ihrer Kunden beeindrucken, ob nun mit oder ohne Verwendung von Musterbriefen aus dem Internet.