Der Bundesgerichtshof hat erneut zu entscheiden, ob die von Bausparkassen erhobenen Darlehensgebühren von 2 Prozent des Bauspardarlehens gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB verstößt und den Bausparer unangemessen benachteiigt. Dabei wird auch noch einmal die Frage der Verjährung - Regelverjährung von 3 Jahren oder 10 Jahre - von Bedeutung sein.
Bundesgerichtshof - Mitteilung der Pressestelle- Nr. 155/2016 vom 13.09.2016
Verhandlungstermin am 8. November 2016 in Sachen XI ZR
552/15 – 9.00 Uhr, XI ZR 472/15 – 11.00 Uhr
- und XI ZR 477/15 – 9.00 Uhr - (Darlehensgebühr bei
Bauspardarlehen)
XI ZR 552/15
In dem Verfahren XI ZR 552/15 wendet sich der Kläger, ein
Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG
eingetragen ist, mit der Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG gegen eine in den
Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) der beklagten Bausparkasse
enthaltene Klausel, wonach mit Beginn der Auszahlung des Bauspardarlehens eine
Darlehensgebühr in Höhe von 2 % des Bauspardarlehens fällig wird (§ 10 ABB).
Der Kläger ist der Ansicht, die angegriffene Klausel
verstoße gegen § 307 BGB* und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren
Verwendung gegenüber Verbrauchern zu unterlassen.
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben.
Das Oberlandesgericht hat angenommen, die beanstandete Klausel benachteilige
den Kunden nicht unangemessen. Maßgebend für die Beurteilung sei nicht das
Leitbild des Darlehensvertrages, sondern das durch Besonderheiten des
Bausparkassengesetzes geprägte Leitbild für Bausparverträge. Dieses Leitbild
gehe von einer Darlehensgebühr aus. Die staatliche Förderung durch
Bausparprämien und die Einbeziehung der Darlehensgebühr in die Berechnung des
effektiven Jahreszinses sprächen dafür, dass der Gesetzgeber die Gebühr
gebilligt habe.
Dass die Darlehensgebühr nicht anteilig zurückerstattet
werde, wenn der Bausparer das Bauspardarlehen vor Fälligkeit tilge,
benachteilige den Bausparer nicht unangemessenen, weil es diesem frei stehe, ob
er das Bauspardarlehen vor Fälligkeit tilge. Eine vorfällige Tilgung des
Bauspardarlehens bedeute zudem keine Mehrbelastung des Bausparers. In einem
solchen Fall werde die nominale Gesamtbelastung in der Darlehensphase des
Bausparvertrages vielmehr geringer; höher werde allein der effektive
Jahreszins.
Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision
verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter.
XI ZR 472/15 und XI ZR 477/15
In den Verfahren XI ZR 472/15 und XI ZR 477/15 begehren
die klagenden Bausparer von den beklagten Bausparkassen jeweils Rückzahlung
einer Darlehensgebühr, die die Beklagten bei Auszahlung eines Bauspardarlehens
aufgrund einer formularmäßigen Bestimmung in ihren Allgemeinen Bedingungen für
Bausparverträge (ABB) erhoben haben. Im Verfahren XI ZR 477/15 wurde das
Bauspardarlehen im Januar 2007 ausbezahlt.
Die Kläger sind der Ansicht, ihnen stehe gegen die
Beklagten jeweils ein Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensgebühr zu, da die
Bestimmungen über die Darlehensgebühr in den ABB kontrollfähige Allgemeine
Geschäftsbedingungen darstellten und als solche gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1
BGB verstießen. Zur Begründung führen sie unter anderem an, die Klauseln
benachteiligten sie unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB, weil sie keine
echte Gegenleistung zum Gegenstand hätten, sondern dazu dienten, allgemeine
Betriebskosten auf sie abzuwälzen.
In dem Verfahren XI ZR 472/15 ist die Klage in den
Vorinstanzen erfolglos geblieben. In dem Verfahren XI ZR 477/15 hatte die Klage
erstinstanzlich Erfolg; auf die Berufung hin wurde sie abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Bestimmung
über die Darlehensgebühr keiner Inhaltskontrolle unterläge, weil es sich um
eine kontrollfreie Preishauptabrede handele. Die Darlehensgebühr sei als
zusätzliches (Teil-)Entgelt für die Kreditgewährung anzusehen.
Mit der Darlehensgebühr würden zudem spezifische
Leistungsbestandteile des Bausparmodells entgolten. Zum einen werde dem
Bausparer eine Anwartschaft auf ein Darlehen zu bestimmten Zinsen eingeräumt,
die er bereits mit Abschluss des Bausparvertrages erwerbe. Zum anderen habe der
Bausparer die Möglichkeit, das Bauspardarlehen jederzeit zu tilgen, ohne eine
Vorfälligkeitsentschädigung bezahlen zu müssen. Das Leistungs- und
Gegenleistungsgefüge sei insoweit abweichend vom "gewöhnlichen
(Bank-)Darlehen" ausgestaltet.
Selbst wenn man die Klausel für kontrollfähig halte, sei
die Darlehensgebühr wirksam vereinbart, weil sie nicht mit wesentlichen
gesetzlichen Grundprinzipien unvereinbar sei und den Bausparer nicht
unangemessen benachteilige. Das Bauspardarlehen sei in einen Bausparvertrag eingebettet,
durch den dem Bausparer besondere Leistungen - eine Zinssicherung und die
Möglichkeit, das Bauspardarlehen jederzeit (ohne Vorfälligkeitsentschädigung)
zu tilgen - gewährt würden.
In dem Verfahren XI ZR 477/15 hat das Berufungsgericht
darüber hinaus angenommen, dass ein Rückzahlungsanspruch des Klägers verjährt
sei.
Da der Kläger die Darlehensgebühr bereits bei Auszahlung
des Bauspardarlehens an ihn am 1. Januar 2007 geleistet habe, sei der
Rückzahlungsanspruch bereits im Jahr 2007 entstanden, so dass die dreijährige
Regelverjährungsfrist des § 195 BGB** am 31. Dezember 2011 abgelaufen sei. Das
vom Kläger im Dezember 2014 in Gang gesetzte Mahnverfahren habe den
Verjährungslauf folglich nicht mehr hemmen können.
Der Verjährungsbeginn sei weder durch eine unsichere oder
zweifelhafte, von divergierenden Meinungen und Entscheidungen geprägte
Rechtslage hinausgeschoben worden noch dadurch, dass dem Kläger eine
Klageerhebung wegen absehbarer Erfolglosigkeit nicht zumutbar gewesen sei. Die
Grundsätze aus den Urteilen des Senats zur Verjährung von Ansprüchen auf
Rückzahlung von Bearbeitungsentgelten bei Verbraucherdarlehen vom 28. Oktober
2014 (XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 und XI ZR 17/14, BKR 2015, 26) seien nicht
anzuwenden, weil die Darlehensgebühr nicht im Zusammenhang mit der Gewährung
eines Verbraucherdarlehens erhoben worden sei. Ein Bausparvertrag sei kein
Verbraucherkreditvertrag, sondern ein Vertrag besonderer Art, der sich aus verschiedenen
Elementen in der sogenannten Anspar- bzw. Darlehensphase zusammensetze, weshalb
es an der Vergleichbarkeit der rechtlichen Beurteilungskriterien fehle.
Mit der vom Berufungsgericht jeweils zugelassenen
Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.
* § 307 BGB Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind
unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von
Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung
kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich
ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel
anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen
Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der
Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des
Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten
nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von
Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart
werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit
Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
** § 195 BGB Regelmäßige Verjährungsfrist
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
Vorinstanzen:
XI ZR 472/15
AG Ludwigsburg - Urteil vom 19. Mai 2015 - 8 C 165/15
LG Stuttgart - Urteil vom 14. Oktober 2015 - 4 S 142/15
und
XI ZR 477/15
AG Ludwigsburg - Urteil vom 17. April 2015 - 10 C 133/15
LG Stuttgart - Urteil vom 14. Oktober 2015 - 4 S 122/15
und
XI ZR 552/15
LG Heilbronn - Urteil vom 21. Mai 2015 - Bi 6 O 50/15
OLG Stuttgart - Urteil vom 19. November 2015 - 2 U 75/15
Karlsruhe, den 13. September 2016
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