Bundesgerichtshof -Mitteilung der Pressestelle
Nr. 198/2016 vom 08.11.2016
Bundesgerichtshof entscheidet zu Formularklauseln über
Darlehensgebühren in Bausparverträgen
Urteil vom 8. November 2016 - XI ZR 552/15
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
entschieden, dass eine vorformulierte Bestimmung über eine "Darlehensgebühr"
in Höhe von 2 Prozent der Darlehenssumme in Bausparverträgen zwischen
Verbrauchern und Unternehmern unwirksam ist.
Sachverhalt:
Von den ursprünglich terminierten drei Verfahren zur
Zulässigkeit von Darlehensgebühren in Bausparverträgen (vgl. dazu die
Pressemitteilung Nr. 155/16) war nach Rücknahme von zwei Revisionen noch das
Verfahren XI ZR 552/15 zu entscheiden. In dieser Sache klagt ein
Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG
eingetragen ist. Er wendet sich mit der Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG gegen
eine in den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) der beklagten
Bausparkasse enthaltene Klausel, wonach mit Beginn der Auszahlung des
Bauspardarlehens eine "Darlehensgebühr" in Höhe von 2 Prozent des
Bauspardarlehens fällig und dem Bauspardarlehen zugeschlagen wird (§ 10
ABB)*.
Der Kläger ist der Ansicht, die angegriffene Klausel
verstoße gegen § 307 BGB**, und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, die
Verwendung der Klausel gegenüber Verbrauchern zu unterlassen.
Prozessverlauf:
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen abgewiesen worden.
Die von dem Oberlandesgericht zugelassene Revision des Klägers hatte
Erfolg.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Bei der "Darlehensgebühr" handelt es sich um
eine gerichtlicher Klauselkontrolle unterliegende sogenannte Preisnebenabrede.
Die Klausel ist dahingehend zu verstehen, dass mit der Gebühr keine konkrete
vertragliche Gegenleistung bepreist wird. Vielmehr dient die Gebühr der
Abgeltung von Verwaltungsaufwand, der für Tätigkeiten der Beklagten im
Zusammenhang mit den Bauspardarlehen anfällt.
Damit weicht die Klausel von wesentlichen Grundgedanken
der gesetzlichen Regelung ab. Denn zum einen wird mit dieser Gebühr ein Entgelt
erhoben, das abweichend vom gesetzlichen Leitbild für Darlehensverträge, das
nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB*** einen laufzeitabhängigen Zins vorsieht, nicht
laufzeitabhängig ausgestaltet ist. Dieses Leitbild ist entgegen der Ansicht des
Oberlandesgerichts auch für Bauspardarlehensverträge maßgeblich. Zum anderen
sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Entgeltklauseln in
Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann mit wesentlichen Grundgedanken der
Rechtsordnung unvereinbar, wenn Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden
abgewälzt wird, zu denen der Verwender gesetzlich oder nebenvertraglich
verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt. Das
aber sieht die angegriffene Klausel vor.
Diese Abweichungen der Klausel von wesentlichen
Grundgedanken der gesetzlichen Regelung benachteiligen die Vertragspartner der
Bausparkasse unangemessen. Insbesondere wird die Gebühr nicht im kollektiven
Gesamtinteresse der Bauspargemeinschaft erhoben, da sie keinen Beitrag zur Gewährleistung
der Funktionsfähigkeit des Bausparwesens leistet. Die Darlehensgebühr wird auch
nicht durch Individualvorteile für Bausparkunden, wie z.B. günstige
Darlehenszinsen, ausgeglichen, da diesen bereits nicht unerhebliche Nachteile,
etwa eine Abschlussgebühr, gegenüberstehen.
* § 10 Darlehensgebühr
Mit Beginn der Darlehensauszahlung wird eine
Darlehensgebühr in Höhe von 2 % des Bauspardarlehens - bei der Wahl gemäß § 9
Abs. 3 vor Abzug des Disagios - fällig und dem Bauspardarlehen zugeschlagen
(Darlehensschuld).
** § 307 BGB Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind
unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von
Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung
kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich
ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel
anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen
Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der
Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des
Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten
nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von
Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart
werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit
Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
*** § 488 Vertragstypische Pflichten beim
Darlehensvertrag
(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber
verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur
Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten
Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen
zurückzuzahlen.
…
Vorinstanzen:
LG Heilbronn - Urteil vom 21. Mai 2015 - Bi 6 O
50/15
OLG Stuttgart - Urteil vom 19. November 2015 - 2 U 75/15
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen