Aus dem Alltag einer Rechtsanwältin - von Sinn, Unsinn und Wahnsinn im Dienste der Justitia -
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Donnerstag, 28. September 2017
Das Geschäft mit der Einsamkeit - Folge 3
Erneut hatte ich Gelegenheit, gegen eine Partnervermittlung aus Hannover vorzugehen. Diese Partnervermittlung inseriert bundesweit in lokalen Anzeigenblättern. Die Anzeigen erwecken beim juristisch nicht vorgebildeten Leser den Eindruck, dass darin Menschen aus Fleisch und Blut für sich selbst nach einem Partner oder Partnerin zwecks Freizeitgestaltung oder mehr suchen.
Es handelt sich hierbei um das Unternehmen PV-Netzwerk GmbH, welches vormals unter dem Namen "Freundschaftsservice und Freundschaftsvermittlung GmbH" aktiv war. Den Anrufern wird suggeriert, dass die in der Annonce geschilderte Person tatsächlich existiert, ein Kontakt mit ihr aber erst nach einem persönlichen Besuch einer Mittelsperson zum Zwecke "der Eignung des Anrufers" zustande kommen kann. Die Tatsache, dass die Telefonnummer zu einer Partnervermittlung gehört, wird den Anrufern nicht offengelegt.
Kurz darauf kommt es dann zu einem häuslichen Besuch, bei dem über die angeblich existierende Person – die in der Folgezeit nie präsentiert wird – ausführlich gesprochen wird.
Dabei wird der Eindruck vermittelt, dass der Anrufer und die angeblich inserierende Person optimal zusammenpassen. Nur, falls es mit den beiden dann doch nicht klappen sollte, wird ein Vertragsformular zur Unterschrift vorgelegt, in welchem sich der Partner suchende Interessent zur Zahlung von in aller Regel hohen vierstelligen Beträgen für zwischen drei bis sechs Partnervorschlägen verpflichtet. Konkrete Vorgaben, wie die Partnervermittlung geeignete Personen für den Interessent finden soll, enthält der Vertrag nicht.
In der Folge erhält der Anrufer Partnervorschläge, die wenig bis keine Ähnlichkeit mit seinen Vorstellungen und Wünschen und dem Lockvogelangebot haben.
Das Amtsgericht Leer hat im Urteil vom 29.05.2017 die Klage meines Mandanten auf Rückforderung seiner geleisteten Zahlungen in vollem Umfang stattgegeben und ausgeführt:
Zitat:
„Nach welchen Kriterien die Partnervorschläge zu erstellen sind, lässt sich dem Vertrag hingegen nicht entnehmen. In dem vorliegenden Vertrag ist auch nicht geregelt, wie ein Partnervorschlag der Beklagten zu Stande kommt und ob / wie sich die Beklagte dabei an den Vorstellungen des Klägers zu orientieren hat. Es ist aus dem Vertrag nicht einmal ersichtlich, ob der Kläger seine konkreten Wünsche und Vorstellungen äußern darf und diese für die Vorschläge der Beklagten maßgeblich sein werden. Es ist lediglich der Aufstellung " Zusammensetzung der Gesamtvergütung“ zu entnehmen, dass die Erstellung einer "Partneranalyse“ zu vergüten ist, ohne dass Ausführungen dazu erfolgen, was darunter zu verstehen wäre und wie diese zustandekommt. Und selbst, wenn dies ohne gesonderte vertragliche Regelung durch die Parteien im Beratungsgespräch vor / bei Vertragsschluss erfolgt, in dem ein "Partnerwunschbogen" ausgefüllt wird, ist allein aus dem sehr kurz gehalten Vertragstext nicht ersichtlich, dass geäußerte Wünsche überhaupt Berücksichtigung bei der Erstellung des Partnervorschlages finden müssten. Der Kläger ist damit nicht in die Lage versetzt worden, potentielle Erfolgschancen einzuschätzen.
Auch findet sich im Vertrag keine Regelung dazu, ob der Kläger Vorschläge beanstanden oder gar ablehnen kann. Da der Vertrag keinerlei Kriterium für die Vermittlung vorsieht, ermöglicht der Vertrag der Beklagten theoretisch jegliche Partner als vertragsgerecht vorzuschlagen, selbst wenn kein Kriterium des "Partnerwunschbogens" erfüllt sein sollte. Das bedeutet, dass der Kläger der Beklagten bei der Unterbreitung von Partnervorschlägen quasi auf „Gedeih und Verderb" ausgeliefert ist und keinerlei überprüfbaren Mitwirkungsrechte hat." Zitatende
Das Gericht hat der Klage meines Mandanten wegen groben Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung sowie wegen Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts und damit verbundener Nichtigkeit stattgegeben.
Die dagegen eingelegte Berufung der Partnervermittlung hat das Landgericht Aurich mit Beschluss vom 07.09.2017 wegen "offensichtlicher Aussichtslosigkeit" zurückgewiesen.
Das Urteil des Amtsgerichtes ist somit rechtskräftig.
Der von der Partnervermittlung erwähnte Partnerschaftswunschbogen war bezeichnenderweise von der Beklagten im Prozess nicht vorgelegt worden. Auch der Partner suchende Interessent erhält diesen "Wunschbogen" nie.
Interessant in dem Zusammenhang ist auch die Entscheidung des Landgerichts Hannover vom 27.09.2016. In diesem Verfahren wurde der PV-Netzwerk GmbH untersagt, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern im Zusammenhang mit Abschlüssen von Partnervermittlungsverträgen außerhalb der Geschäftsräume eine Erklärung zu verwenden,
in welcher von Partner suchenden Interessenten der Verzicht auf das Widerrufsrecht erklärt und das sofortigem Tätigwerden verlangt wird.
Das Gericht führte aus, dass die Zusammenarbeit auf mehrere Monate (im konkreten Fall sechs Monate) angelegt gewesen sei und deshalb in diesem Fall der Verzicht auf das Widerrufsrecht gemäß § 361 Abs. 2 BGB vom Gesetzgeber nicht vorgesehen ist.
Die Chance, dass Geschädigte der PV-Netzwerk GmbH (auch unter ihrem früheren Namen Freundschaftsservice und Freundschaftsvermittlung GmbH) ihr Geld mit Erfolg vollständig zurückfordern können, ist somit sehr groß. Scham ist dabei völlig unangebracht.
Montag, 21. Juli 2014
Geld zurück beim Partnervermittlungsvertrag
Ich hatte bereits darüber berichtet, dass ich für eine Mandantin von einer Partnervermittlung Geld zurück verlangt und eingeklagt habe.
Die Mandantin hatte sich auf ein Inserat in einem Wochenblatt auf eine konkrete, sehr personalisierte Annonce gemeldet und die dort angegebene Telefonnummer angerufen. Es meldete sich eine Partnervermittlung, welche erklärte, dass die Angelegenheit nicht am Telefon besprochen werden könne und ein Hausbesuch erforderlich sei. Dem stimmte meine Mandantin zu. Zum vereinbarten Termin erschien eine Dame, welche erklärte, dass ein Vertrag von mindestens sechs Partnervorschlägen über 6 Monate Lufzeit abgeschlossen werden müsse. Damit erklärte sich meine Mandantin einverstanden. Der stattliche Betrag von 4.700 Euro wurde mithilfe eines Kartenlesegerätes auch sofort vom Konto der Mandantin abgebucht.
Schon beim ersten Partnervorschlag, der so gar nicht mit den Erwartungen und Wünschen der Mandantin übereinstimmte, versuchte sie, den Vertrag aufzulösen. Weil dies nicht gelang, übte sie schriftlich ihr Widerrufsrecht aus. Glücklicherweise übersandte sie dieses Schreiben per Einschreiben mit Rückschein, welches dem Partnervermittlungsunternehmen auch zuging. Der Eingang des Widerrufes wurde sogar schriftlich bestätigt. Das Vermittlungsunternehmen unterbreitete daraufhin "großzügig" einen Vorschlag, den Vertrag aufzuheben und – sage und schreibe – rund 1.200 Euro zurück zu erstatten. Alles andere sei bereits durch Aufwendungen, welches das Unternehmen angeblich gehabt hätte, verbraucht. Im Prozess hatte die Beklagte sogar den von ihr selbst außergerichtlich bestätigten Widerruf des Vertrages abgestritten.
Auf die außergerichtliche Aufforderung der Unterzeichnerin ging das Unternehmen zunächst nicht ein. Sechs Monate nach der Klageerhebung auf Zahlung der vollen Summe, welche die Mandanten gezahlt hatte, wurde dann der bereits außergerichtlich angebotene Betrag von 1.200 Euro überwiesen. Über den Rest musste das Gericht entscheiden.
Das Amtsgericht Weinheim hat von den eingeklagten 4.700 Euro insgesamt 4.400 Euro für berechtigt erklärt und der Klage stattgegeben. Das Gericht führte aus, dass es sich um den typischen Fall einer provozierten Bestellung zu einem Hausbesuch durch das Partnervermittlungsunternehmen gehandelt und deswegen meiner Mandantin ein Widerrufsrecht zugestanden hatte. Für den einen Partnervermittlungsversuch billigte das Gericht der Partnervermittlung einen Betrag von 300 Euro zu. In Anlehnung an Entscheidungen anderer Gerichte hat das Amtsgericht darauf abgestellt, dass bei der Beurteilung der von der Beklagten geltend gemachten Aufwendungen ausschließlich vom objektiven Wert auszugehen ist. Auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten meiner Mandantin musste das Partnerunternehmen ersetzen.
Da die betreffende Partnervermittlung gerade auch in Nordbaden in Tageszeitungen und Werbeblättern im Kleinanzeigenmarkt auffällig wirbt und in den Annoncen die Partner suchenden Damen und Herren in einer Weise dargestellt werden, bei der man sich fragen muss, warum man diesen Menschen im Alltag nicht ständig begegnet, sei darauf hingewiesen, dass sich die Rückforderung der bereits geleisteten Gelder durchaus lohnt und man sich nicht durch die Ablehnung seitens des Unternehmens abschrecken lassen sollte.
Wer es also mit der Freundschaftservice und Freundschaftsvermittlung GmbH, die seit einiger Zeit unter der Bezeichnung PV inseriert, in der Vergangenheit zu tun hatte und mit seinen Ansprüchen abgewiesen wurde, sollte durchaus versuchen, den Fall noch einmal aufzurollen.
Den tollen Mann, auf dessen Inserat meine Mandantin überhaupt zum Telefon gegriffen hatte, hatte sie selbstverständlich nicht präsentiert bekommen.
PS: Der Betrag wurde bezahlt. Das Urteil des Amtsgerichts Weinheim ist rechtskräftig.
Die Mandantin hatte sich auf ein Inserat in einem Wochenblatt auf eine konkrete, sehr personalisierte Annonce gemeldet und die dort angegebene Telefonnummer angerufen. Es meldete sich eine Partnervermittlung, welche erklärte, dass die Angelegenheit nicht am Telefon besprochen werden könne und ein Hausbesuch erforderlich sei. Dem stimmte meine Mandantin zu. Zum vereinbarten Termin erschien eine Dame, welche erklärte, dass ein Vertrag von mindestens sechs Partnervorschlägen über 6 Monate Lufzeit abgeschlossen werden müsse. Damit erklärte sich meine Mandantin einverstanden. Der stattliche Betrag von 4.700 Euro wurde mithilfe eines Kartenlesegerätes auch sofort vom Konto der Mandantin abgebucht.
Schon beim ersten Partnervorschlag, der so gar nicht mit den Erwartungen und Wünschen der Mandantin übereinstimmte, versuchte sie, den Vertrag aufzulösen. Weil dies nicht gelang, übte sie schriftlich ihr Widerrufsrecht aus. Glücklicherweise übersandte sie dieses Schreiben per Einschreiben mit Rückschein, welches dem Partnervermittlungsunternehmen auch zuging. Der Eingang des Widerrufes wurde sogar schriftlich bestätigt. Das Vermittlungsunternehmen unterbreitete daraufhin "großzügig" einen Vorschlag, den Vertrag aufzuheben und – sage und schreibe – rund 1.200 Euro zurück zu erstatten. Alles andere sei bereits durch Aufwendungen, welches das Unternehmen angeblich gehabt hätte, verbraucht. Im Prozess hatte die Beklagte sogar den von ihr selbst außergerichtlich bestätigten Widerruf des Vertrages abgestritten.
Auf die außergerichtliche Aufforderung der Unterzeichnerin ging das Unternehmen zunächst nicht ein. Sechs Monate nach der Klageerhebung auf Zahlung der vollen Summe, welche die Mandanten gezahlt hatte, wurde dann der bereits außergerichtlich angebotene Betrag von 1.200 Euro überwiesen. Über den Rest musste das Gericht entscheiden.
Das Amtsgericht Weinheim hat von den eingeklagten 4.700 Euro insgesamt 4.400 Euro für berechtigt erklärt und der Klage stattgegeben. Das Gericht führte aus, dass es sich um den typischen Fall einer provozierten Bestellung zu einem Hausbesuch durch das Partnervermittlungsunternehmen gehandelt und deswegen meiner Mandantin ein Widerrufsrecht zugestanden hatte. Für den einen Partnervermittlungsversuch billigte das Gericht der Partnervermittlung einen Betrag von 300 Euro zu. In Anlehnung an Entscheidungen anderer Gerichte hat das Amtsgericht darauf abgestellt, dass bei der Beurteilung der von der Beklagten geltend gemachten Aufwendungen ausschließlich vom objektiven Wert auszugehen ist. Auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten meiner Mandantin musste das Partnerunternehmen ersetzen.
Da die betreffende Partnervermittlung gerade auch in Nordbaden in Tageszeitungen und Werbeblättern im Kleinanzeigenmarkt auffällig wirbt und in den Annoncen die Partner suchenden Damen und Herren in einer Weise dargestellt werden, bei der man sich fragen muss, warum man diesen Menschen im Alltag nicht ständig begegnet, sei darauf hingewiesen, dass sich die Rückforderung der bereits geleisteten Gelder durchaus lohnt und man sich nicht durch die Ablehnung seitens des Unternehmens abschrecken lassen sollte.
Wer es also mit der Freundschaftservice und Freundschaftsvermittlung GmbH, die seit einiger Zeit unter der Bezeichnung PV inseriert, in der Vergangenheit zu tun hatte und mit seinen Ansprüchen abgewiesen wurde, sollte durchaus versuchen, den Fall noch einmal aufzurollen.
Den tollen Mann, auf dessen Inserat meine Mandantin überhaupt zum Telefon gegriffen hatte, hatte sie selbstverständlich nicht präsentiert bekommen.
PS: Der Betrag wurde bezahlt. Das Urteil des Amtsgerichts Weinheim ist rechtskräftig.
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